Warum Venedig ein Sehnsuchtsort ist: Eine persönliche Reise in die Vergangenheit

10. August 2024

Der Aufruf zur Blogparade von Susanne Heinen

Als ich von der Blogparade „Sehnsuchtsorte rund um die Welt“ von Susanne Heinen erfuhr, begann ich darüber nachzudenken, welche Orte in mir dieses besondere Gefühl der Sehnsucht wecken. Susanne spricht in ihrem Beitrag über die Magie von Sehnsuchtsorten, die uns in Gedanken immer wieder anziehen, sei es wegen der Erinnerungen, der Atmosphäre oder der ganz eigenen Bedeutung, die wir diesen Plätzen beimessen. Auch ich habe solche Orte, die tief in meinem Herzen verankert sind und die mir nicht nur geografisch, sondern auch emotional eine ganz besondere Bedeutung schenken.

Was macht für mich (m)einen Sehnsuchtsort aus?

Mit meinem Sehnsuchtsort verbinde ich ein Lebensgefühl oder die Verheißung, dieses dort (wieder) zu finden. Wenn ich solch einen Ort in den Medien sehe, dann berührt es mich, und etwas in mir geht damit in Resonanz. Andere Orte lassen mich kalt. Die stärkste Resonanz erzeugt Großbritannien, im speziellen die Kanalinsel Jersey, dann kommt lange nichts, dann Vietnam, was ich allerdings nicht wirklich verstehe. Und Venedig.

Sehnsuchtsort Venedig – Die leckersten Spaghetti der Welt und das Vögelchen aus Muranoglas

Meine Eltern, Jahrgang 1927 und 1930, sind das erste Mal verreist, als sie zu ihrer Silberhochzeit eine Urlaubsreise geschenkt bekamen. Danach sind sie gerne und häufig gereist, bis es nicht mehr ging. Immer mit einem Busunternehmen, da beide nie einen Autoführerschein gemacht haben.
Mit ihnen und mir lief das Reisen nicht so gut, lieber reiste ich mit meiner 16 Jahre älteren Schwester, mit Schwager und Neffen. Mit beiden Eltern war ich darum nur einmal in Südtirol und einmal im ehemaligen Jugoslawien.
Im Urlaub in den Dolomiten gab es einen Ausflug nach Venedig. Eine fast dreistündige Busfahrt von dort. Für meinen Vater, mit Migräne an diesem Tag, eine unsagbare Tortur, die ich heute erst richtig nachvollziehen kann, denn die Migräne begleitet heute mich, auch auf Reisen.

Damals davon unbelastet, fand ich die Spaghetti, die wir am Kanal aßen, soooo lecker, während mein Vater sie nicht herunterbekam. Sein Unwohlsein schenkte mir unerwartet ein Höchstmaß an Selbstbestimmtheit über meine Zeit und mein Tun an einem fremden Ort. Denn wir mussten die Zeit bis zur Rückfahrt des Busses füllen, und mein Vater, der stets die Richtung vorgab, rührte sich nicht aus dem Schatten, und meine Mutter blieb bei ihm. Ich zog tatsächlich los und entdeckte einen kleinen Laden, der Muranoglas anbot. Der freundliche Verkäufer freute sich über mein Interesse und schenkte mir ein kleines Vögelchen, dem ein Flügel abgebrochen war. Ich spüre immer noch, wie sich das Vögelchen angefühlt hat, an seine Farben kann ich mich dagegen nicht mehr erinnern. Lange habe ich diesen Schatz gehütet, doch dann ging das Vögelchen verloren.
Erst heute, beim Wiedererinnern und Schreiben, wird mir klar, was mir dieser Venedig–Ausflug geschenkt hat: die Lust, alleine zu reisen.

Venedig damals

Hier bin ich mit meiner Mutter auf dem Markusplatz, der Piazza San Marco, beim Taubenfüttern.

Und hier stehen wir vor dem Uhrenturm Torre dell´Orologio.

Venedig jetzt?

Venedig finde ich immer noch faszinierend, jedoch für meinen Geschmack zu überlaufen. Wenn ich noch einmal dorthin reisen würde, dann käme für mich ein später Herbst und der Winter in Frage, um dann den morbiden Charme Venedigs abseits vom Massentourismus zu genießen. Stellvertretend habe ich #ES dort hingeschickt, um in geheimer Mission und tierischer Begleitung Abenteuer zu bestehen.

#ES 93/100 findest du übrigens auch im Blogbeitrag: Vielbegabt und weltoffen: #ES 86-95/100

Die wahre Sehnsucht: Abwechslung, Aufbruch und das Abenteuer des Lebens

Mir ist klar geworden: Hier ist es nicht der Ort der Sehnsucht, sondern die Gefühle von damals. Abwechslung – Aufbruch – Abenteuer! Selbstbestimmt, neugierig und kontaktfreudig durch die Welt zu gehen. Dafür brauchen du und ich jedoch nicht extra zu verreisen. Denn die Haltungen dafür sind in dir und mir, und wir haben sie immer dabei. Vielleicht müssen wir sie aktivieren und trainieren, auf jeden Fall uns trauen(!) und stattdessen unsere Bedenken und Widerstände in Urlaub schicken.

„In der Welt zu Hause sein bedeutet nicht, an einem bestimmten Ort zu verweilen, sondern eine Haltung des Entdeckens und Lernens zu bewahren, wohin auch immer wir gehen.“ – Anonym

In diesem Sinne: Lass uns mutig und offen die Welt erkunden, egal wo wir sind.

4 People reacted on this

  1. Liebe Silke,

    ich war leider noch nie in Venedig, aber es ist auf meiner Wunschliste, schon ziemlich lange. Ich vermute, es wäre besser gewesen, in meinen „jungen Erwachsenenjahren“ dorthin zu reisen, da war der Massentourismus noch nicht so ein Thema dort. Deine Bilder sind auch für mich eine kleine Zeitreise, denn das ist in etwa die Zeit, als ich aufgewachsen bin :-). Meine Eltern haben ihre Hochzeitsreise nach Venedig gemacht und ich kenne Muranoglas als Schalen und Aschenbecher, die als Mitbringsel in den 70er Jahren bei uns standen. Ich bin gespannt, wann Du dahin aufbrichst und freue mich, dann davon zu lesen. Ich werde auf jeden Fall ein kleines Vögelchen kaufen, wenn ich dort bin, das weiß ich jetzt schon sicher :-).

    Dankeschön für diesen schönen Artikel.

    Liebe Grüße
    Susanne

    1. Liebe Susanne,
      ich glaube Venedig war schon immer ein beliebtes Reiseziel und hat seinen ganz besonderen Charme. Ich war einige Jahre später nochmal da und habe keine Erinnerungen mehr daran. Eine Reise jetzt, wäre immer eine Reise zu sich selbst, ein messen an den Geschichten, die wir uns heute über damals erzählen. Drum möchte ich auch gerne nochmal nach Rimini und die anderen Ort an der Adria. Wenn du in Venedig bist, wünsche ich mir eine Postkarte von dir;)))))

      Herzliche Grüße Silke

  2. Liebe Silke,
    dieser Beitrag ergänzt sich wunderbar mit meinem: Auch für mich ist ein Sehnsuchtsort eher ein Gefühl, als ein fester Ort. Deine Worte ergänzen meine Überlegungen wunderbar! Danke für deine Worte!
    In Venedig war ich bisher zweimal: einmal vor ungefähr 40 Jahren, damals fand ich es schrecklich: schmutzig und stinkend. Ich glaube, ich hab noch Ohrringe aus Muranoglas von damals. Das letzte Mal vor 10 Jahren im April, da hatte ich eine ortskundige Freundin als Führerin und es war wunderbar! Ich hoffe, nächstes Jahr wieder dorthin zu reisen.
    Liebe Grüße
    Steffi

    1. Liebe Steffi,
      es freut mich, dass du dich in meinem Beitrag ergänzt und bestätigt fühlst. Deine Geschichte (2xVenedig,unterschiedliche Erfahrungen) bestätigt „unsere Hypothese“, das es mehr als den Ort braucht, um ein Sehnsuchtsort zu werden. Bin gespannt, wie dein 3ter Besuch wird.
      Herzliche Grüße
      Silke

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